Serie Wissenshäppchen
Der Planet Proxima b wurde als erdähnlich eingestuft. Trotzdem dürfte es dort anders sein als auf unserem blauen Planeten. © NASA

Wissenshäppchen Haben wir die zweite Erde gefunden?

In dem Jahr vor seinem Tod hat Physiker Stephen Hawking gewarnt, die Ressourcen der Erde würden in ein paar Hundert Jahren verbraucht sein. Überleben könnten wir nur, wenn wir einen neuen Planeten besiedeln würden.

Aber wo soll sie sein, die zweite Erde? Mit einer Entfernung von nur 4,2 Lichtjahren scheint Proxima b im Sternensystem Alpha Centauri derzeit der beste Kandidat. Er wurde als erdähnlich eingestuft. Was wir über ihn wissen, verrät Astrophysiker Prof. Dr. Rolf Chini. „Der Planet besitzt mindestens die 1,3-fache Masse der Erde“, erklärt er. „Er könnte aber auch bis zu zwei- oder dreimal schwerer sein.“ Auf den ersten Blick mag das unerheblich erscheinen. Aber: „Man muss bedenken, dass Menschen durch die stärkere Gravitation ebenfalls zwei- bis dreimal schwerer wären und sich nicht mehr fortbewegen könnten“, so der Forscher.

Flüssiges Wasser möglich

Immerhin könnte Proxima b in der sogenannten habitablen Zone liegen. Er umkreist seinen Stern zwar auf einer wesentlich engeren Bahn als die Erde ihre Sonne. Aber da der Stern deutlich kühler als die Sonne ist, könnte es auf Proxima b trotzdem flüssiges Wasser geben. Wobei das noch von vielen anderen Faktoren abhängt, etwa der Planetenrotation, der Atmosphäre oder der Oberflächenbeschaffenheit.

Bekannt ist auch, dass ein Jahr auf Proxima b ziemlich kurz ist: 11,2 Erdentage, um genau zu sein. „Da der Planet seinen Stern in so wenigen Tagen umkreist, ist es wahrscheinlich, dass er ihm immer die gleiche Seite zuwendet, so wie der Mond der Erde“, erklärt Chini. Es wäre also auf einer Seite des Planeten warm, auf der anderen ziemlich kalt.

Eine sehr lange Reise

Es kommt ein weiteres Problem hinzu. Astronomen beobachten bei dem Stern, um den die mögliche zweite Erde kreist, jährlich extreme Helligkeitsausbrüche. „Rechnungen zeigen, dass solche Ausbrüche den Sauerstoffgehalt einer irdischen Atmosphäre in nur fünf Jahren um 90 Prozent reduzieren würden“, schildert Chini. Die UV-Strahlung des 2016er-Ausbruchs hätte alle Mikroorganismen – wenn es denn welche gegeben hätte – vernichtet.

„Dass Proxima b bewohnbar ist, können wir also ausschließen“, folgert Rolf Chini. Und selbst wenn dort Leben möglich wäre, müssten wir immer noch hinkommen. Die Entfernung der Erde zum Mond beträgt eine Lichtsekunde. Proxima b ist 4,2 Lichtjahre weit weg. Mit aktuell verfügbaren Antriebstechnologien wäre man mehrere zehntausend Jahre unterwegs. „Wir bräuchten also schon Antriebe, wie sie in Science-Fiction-Romanen üblich sind – und jenseits unserer heutigen physikalischen Grenzen liegen.“

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Veröffentlicht

Montag
10. September 2018
12:42 Uhr

Von

Julia Weiler

Dieser Artikel ist am 5. November 2018 in Rubin 2/2018 erschienen. Die gesamte Ausgabe können Sie hier als PDF kostenlos downloaden. Weitere Rubin-Artikel sind hier zu finden.

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