Mit den Modellen prognostizieren die Forscher, wie sich die Covid-19-bedingten Sterberaten und Infektionszahlen in Zukunft entwickeln. © RUB, Marquard

Coronavirus Prognosen zu Infektionszahlen und Sterberaten

Physiker und Ingenieure der RUB schlagen Modelle vor, mit denen sich der Fortgang der Coronapandemie modellieren lassen könnte.

Basierend auf den aktuell zu Covid-19 vorliegenden Daten haben Forscher der RUB berechnet, wie sich Sterberaten und Infektionszahlen künftig in verschiedenen Ländern entwickeln könnten. Prof. Dr. Reinhard Schlickeiser, Seniorprofessor an der Fakultät für Physik und Astronomie, schlägt gemeinsam mit Kollegen vor, die Gauß-Verteilung als Basis für eine Prognose der Covid-19-Sterberaten zu nutzen. Prof. Dr. Klaus Hackl, Inhaber des Lehrstuhls Mechanik – Materialtheorie in der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, verwendet ein mathematisches Modell, das aus der Epidemiologie stammt, aber mit Formulierungen verwandt ist, wie sie in den Ingenieurwissenschaften im Einsatz sind, um den Fortgang der Coronapandemie zu prognostizieren. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscher unabhängig voneinander im April 2020 auf einem Preprint-Server.

Infektionsgeschehen mit der Gauß-Verteilung modelliert

Die Berechnungen stellte der Physiker Prof. Dr. Reinhard Schlickeiser zunächst mit seinem Sohn Dr. Frank Schlickeiser an, später verfeinerte er die Analyse gemeinsam mit dem Team von Martin Kröger, Titularprofessor für Computergestützte Polymerphysik am Departement Materialwissenschaft der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich. In ihrem Modell gehen die Forscher davon aus, dass sich der zeitliche Verlauf der Covid-19-Sterberaten durch die glockenförmige Gauß-Verteilung beschreiben lässt. Für 25 Länder, darunter Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien, bestimmten die Forscher die Gauß-Verteilung, die die Daten des jeweiligen Landes bestmöglich beschreibt. Anhand der spezifischen Kurve eines Landes lässt sich die tägliche Sterberate für bestimmte Zeitpunkte in der Zukunft prognostizieren, um damit beispielsweise die benötigten klinischen Ressourcen abzuschätzen.

Die mit dem Modell prognostizierten Sterberaten aktualisieren die Forscher täglich, wobei sie jeweils die neusten verfügbaren Daten einbeziehen, sodass die Genauigkeit wächst. Die Ergebnisse veröffentlichen sie regelmäßig online.

Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass man erst im Nachhinein wird sagen können, ob sich das Modell bewährt hat. „Unser Ziel ist es, einen Ansatz vorzuschlagen, mit dem sich relevante Kennziffern wie die Anzahl der Neuinfektionen, Sterberaten und Beatmungsgeräte schnell und einfach abschätzen lassen könnten, weil das eventuell auch für Länder nützlich sein könnte, in denen die Rahmenbedingungen für aufwendige Simulationen nicht gegeben sind“, sagt Reinhard Schlickeiser.

Ein Modell für Epidemiologie und Ingenieursysteme

Auch Klaus Hackl hat mit den aktuellen Daten zu Covid-19 gerechnet. „Das Rechenmodell, das wir verwenden, stammt tatsächlich aus der Epidemiologie“, sagt er. „Es hat aber große Ähnlichkeit zu Modellen, wie sie in den Ingenieurwissenschaften verwendet werden, um Systeme zu beschreiben, die sich zeitlich entwickeln.“

Basierend auf den Daten der Johns-Hopkins-Universität zur Verbreitung von Sars-Cov-2 in verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, Italien und die USA, nutzte Hackl die Zahlen der registrierten Infektionen und modellierte, wie sie sich unter Beibehaltung der aktuellen Maßnahmen entwickeln würden.

„Wenn wir davon ausgehen, dass wir bei unter 100 Neuinfektionen pro Tag die Maßnahmen wie Kontaktsperren lockern können, sehen wir das in der Simulation im Laufe des Monats Mai“, so Hackl. „Eine Lockerung davor sehe ich als sehr problematisch an.“

Veröffentlicht

Mittwoch
15. April 2020
08:32 Uhr

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