Um zu untersuchen, wie sich der Einsatz der Biokohle auf den Boden auswirkt, wird er durchgesiebt. Die Maschen des Siebs messen zwei Millimeter. © Damian Gorczany

Geografie Die Magie der Biokohle

Eine einzige Anwendung auf landwirtschaftlichen Flächen Afrikas könnte die Bodenqualität und die Erträge auf Jahre hinaus steigern.

Die sichere Nahrungsversorgung der Menschen ist in vielen Gebieten Afrikas ein Problem – und das starke Bevölkerungswachstum wird es künftig noch verschärfen. Dabei wäre in der Landwirtschaft durchaus ein größerer Ertrag möglich. Expertinnen und Experten schätzen, dass die tatsächlichen Erntemengen um 20 bis 60 Prozent niedriger ausfallen, als sie könnten.

Einer der Gründe dafür ist die schlechte Bodenqualität. Wie sie sich verbessern lässt, ist die Forschungsfrage von Isaac Asirifi, Doktorand am Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodenökologie der RUB von Prof. Dr. Bernd Marschner. Nachdem er schon als Masterstudent am Vorgängerprojekt Urban Food plus mitgearbeitet hat, das 2018 abgeschlossen wurde, widmet er sich jetzt den biologischen Aspekten der Bodenqualität in verschiedenen Vegetationszonen in Ghana.

Zu viel und am Bedarf vorbei

„Viele Gemüsebauern in der urbanen Landwirtschaft in Ghana wässern ihre trockenen Böden mit Abwasser, das nicht nur durch Schwermetalle und andere Substanzen verunreinigt ist, sondern auch durch Fäkalien sehr nährstoffreich“, erklärt Asirifi. „Trotzdem nutzen sie mineralische Dünger – das alles ist viel zu viel, und es geht an den eigentlichen Bedarfen vorbei.“ Ein Bodenmanagement, wie der Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes es in der Zeit seiner Arbeit in Deutschland kennengelernt hat, findet nicht statt.

Isaac Asirifi mit Bernd Marschner (rechts) © Damian Gorczany

Um herauszufinden, wie sich die Bodenqualität verbessern lässt, konzentrierte sich Isaac Asirifi auf drei Vegetationszonen in Ghana und nahm dort Bodenproben: in der Küstensavanne im Südosten des Landes, im Laubmischwald im Landesinneren und in der Guinea-Savanne in Norden, wo es nur einmal pro Jahr regnet. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ertragreichen Ernten vor allem ein Problem im Wege steht: Der viel zu niedrige pH-Wert. „Die Böden sind zu sauer, um ein guter Lebensraum für Mikroorganismen zu sein, die auf vielfältige Weise zur Fruchtbarkeit des Bodens beitragen“, erklärt er. „Sie fressen, atmen, brauchen Energie, und sie geben dem Boden vieles zurück, zum Beispiel Phosphor oder Stickstoff, die Pflanzen zum Wachsen brauchen.“

Das Potenzial der Erntereste

Es gibt eine Möglichkeit, es ihnen leichter zu machen: Biokohle. „In Ghana werden Pflanzenreste, die man nicht essen oder verfüttern kann, nach der Ernte nicht weiterverwendet, sondern einfach verbrannt“, erzählt Asirifi. Das bringt zudem noch das Problem mit sich, dass dabei jede Menge Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt, das den Klimawandel ankurbelt. In den Ernteresten liegt aber ein großes Potenzial: Wenn man es in Behältern unter Sauerstoffarmut verbrennt, entsteht Biokohle. Man kann sie aus allem machen, was bei der Ernte übrigbleibt, und es ist keine aufwändige oder teure Technologie nötig. „Bringt man sie in die obersten 15 bis 25 Zentimeter des Bodens ein, entfaltet sie ihre Magie“, so Asirifi. Das bedeutet, einmal angewandt, bessert sie die Bodenqualität auf Jahre hinaus.

„Dabei geht es gar nicht so sehr darum, dass die Biokohle selbst Nährstoffe in den Boden bringt, wie wenn man etwa Kompost einarbeitet“, erklärt Asirifi. Vielmehr sorgt die Kohle dafür, dass Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze sich leichter ansiedeln und besser gedeihen können. „Sie reduziert die Säure, und die vielen kleinen Hohlräume in der Biokohle bieten Schutz vor Fressfeinden.“ Zudem wird sie nicht ausgewaschen. Dadurch wirkt das einmalige Einarbeiten der Biokohle auch über Jahre hinweg positiv auf die Bodenqualität, während man Kompost fast jedes Jahr wieder neu ausbringen muss. Günstiger Nebeneffekt: Der in der Biokohle enthaltene Kohlenstoff bleibt im Boden gebunden und gelangt nicht in die Atmosphäre wie bei der offenen Verbrennung.

Unter dem Mikroskop zeigt sich die Struktur der Biokohle. Sie bietet viel Raum für Kleinstlebewesen. © Isaac Asirifi

Untersuchungen von Bodenproben haben gezeigt, dass der Kohlenstoffgehalt in den obersten zehn Zentimetern des Bodens, der ohne Biokohle bei 0,8 Prozent lag, nach dem Einarbeiten der Biokohle um 60 bis 70 Prozent anstieg.

Ein Viertel mehr Ertrag

Problematisch sieht Isaac Asirifi noch die Menge der Biokohle, die für die Bodenverbesserung jeweils notwendig ist. 20 Tonnen pro Hektar Anbaufläche wären Berechnungen zufolge nötig, um die Qualität entscheidend zu bessern. „Das ist fast unmöglich für die Leute“, so Asirifi, der aber auch einen Weg kennt, das Problem zu lösen: indem man der Biokohle Asche hinzufügt. Daran herrscht kein Mangel, da rund 80 Prozent aller Ghanaischen Familien auf Holz- oder Kohlefeuern kochen. Mischt man 0,5 bis ein Prozent Asche in die Biokohle und bringt das Gemisch auf den Feldern aus, genügen davon zehn bis 15 Tonnen pro Hektar Land – eine durchaus praktikable Menge, wie Asirifi schätzt. Eine so behandelte Anbaufläche bringt einen um rund ein Viertel höheren Ertrag als eine unbehandelte.

Das Team: Isaac Asirifi, Bernd Marschner und Lars Makarowsky (von links) © Damian Gorczany

Bei seinem Aufenthalt in Deutschland erforscht er die Bodenbiologie zurzeit tiefergehend mit aufwändiger Analysetechnik. Zurück in Ghana will er dazu beitragen, dass die Erkenntnisse in der Praxis Anwendung finden. Anwendungshinweise, Zielgruppendiskussionen und Workshops mit Stakeholdern wie Ministeriumsangestellten sind in Planung.

Ziele für nachhaltige Entwicklung

Im Jahr 2015 haben sich die Vereinten Nationen auf 17 dringende Handlungsfelder verständigt, die von der Beendigung der Armut und des Hungers bis hin zu Klimaschutz, Gleichstellung oder Transparenz in Institutionen reichen. Die Agenda für nachhaltige Entwicklung ist ein Fahrplan bis zum Jahr 2030, der sich an Regierungen weltweit, aber auch an die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft richtet – alle sollen ihr Handeln an den Zielen ausrichten. Die Vision ist, Menschen in aller Welt ein Leben in Wohlstand und Frieden zu ermöglichen und unseren Planeten vor weiterer Schädigung zu schützen. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der RUB tragen mit ihrer Forschung zu der Agenda 2030 bei. Die Forschung von Isaac Asirifi und Bernd Marschner trägt zu Ziel 2 „Kein Hunger“ bei.

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Veröffentlicht

Dienstag
28. September 2021
09:26 Uhr

Dieser Artikel ist am 2. November 2021 in Rubin 2/2021 erschienen. Die gesamte Ausgabe können Sie hier als PDF kostenlos downloaden. Weitere Rubin-Artikel sind hier zu finden.

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