Kriminologie Christine Morgenstern erforscht Justiz und Strafvollzug
Ein Schwerpunkt der Juristin, die aus Berlin nach Bochum gewechselt ist, ist die empirische Justizforschung.
Die Juristin Prof. Dr. Christine Morgenstern setzt die inzwischen schon traditionell starke Bochumer Kompetenz im Fach Kriminologie fort. Seit Beginn des Wintersemesters 2023/2024 ist sie die neue Inhaberin des Lehrstuhls für Kriminologie an der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Damit folgt sie auf Prof. Dr. Thomas Feltes, der emeritiert ist, und auf Prof. Dr. Tobias Singelnstein, der einem Ruf an die Universität Frankfurt gefolgt ist. Morgenstern ist von der Freien Universität Berlin nach Bochum gewechselt. Dort hatte sie die Professur für Strafrecht und Geschlechterforschung inne.
Im Vergleich zu ihren Vorgängern setzt Morgenstern andere Akzente und Schwerpunkte. Ihr Fokus liegt nicht auf der Polizeiwissenschaft, sondern auf der Erforschung von Justiz, Strafvollzug und auf Aspekten der Legal Gender Studies. Dabei geht es insbesondere um:
- Grund- und Menschenrechte in der Strafrechtspflege, insbesondere im Strafverfahren und -vollzug (Stichwort: Access to Justice)
- Geschlechterforschung im Strafrecht
- Fragen der Europäisierung im Strafrecht und Rechtsvergleiche innerhalb Europas
„Wir fragen nach dem Verhältnis von Recht und Gesellschaft, in unserem Fall eben von Strafrecht und Kriminalität im Verhältnis zur Gesellschaft“, erläutert Morgenstern. „Eine von der Justiz verhängte Strafe soll beispielsweise resozialisieren oder abschrecken. Dann stellt sich die Frage: Können wir das empirisch überprüfen, wie machen wir das? Besonders interessiert mich der Bereich der Justizforschung mit Blick darauf, wie unsere gesetzlichen Vorgaben, insbesondere menschenrechtliche Vorgaben, umgesetzt werden. Gerechtigkeit, Wahrheit, das sind große Worte, aber lösen die staatlichen Organe das auch wirklich ein?“
Schwerpunkt Untersuchungshaft
Ein Schwerpunkt ist dabei die Untersuchungshaft: Wer kommt in Untersuchungshaft? Wie begründen Richterinnen und Richter, dass sie jemanden in Untersuchungshaft schicken? „Ich schaue immer, wie das in anderen Staaten ist, denn die Probleme sind häufig vergleichbar, aber die Lösungswege sind manchmal unterschiedlich – und dann gibt es eben gute oder schlechte Beispiele, von denen man lernen kann“, so Morgenstern.
Kriminalpolitik und feministische Einflüsse
In den vergangenen zwei Jahren ist in Morgensterns Arbeit der Aspekt der Geschlechterforschung hinzugekommen. „Ich bevorzuge die Bezeichnung Legal Gender Studies“, sagt die Juristin. In der Forschung untersucht sie beispielsweise, wie sich die Kategorie Geschlecht im Kriminal- und Justizsystem insgesamt auswirkt, etwa in der Strafgesetzgebung. So seien durch „MeToo“ oder auch die Debatte um „Nein heißt nein“ eine ganze Reihe von Tatbeständen ins Gesetz aufgenommen, verändert oder Strafen verschärft worden, sagt sie. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Kriminologie und Strafrecht hinterfragt Morgenstern solche Entwicklungen der Kriminalpolitik und der Rolle feministischer Einflüsse.
In Forschung und Lehre wird Morgenstern innerhalb der Juristischen Fakultät, insbesondere im Strafrecht, mit Kolleginnen und Kollegen eng zusammenarbeiten. Fachübergreifende Anknüpfungspunkte ergeben sich aus ihrer inhaltlichen Ausrichtung vor allem in Richtung der Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität und dort insbesondere zu den international renommierten Gender Studies. Darüber hinaus wird Christine Morgenstern den erfolgreichen und stark nachgefragten berufsbegleitenden Masterstudiengang Kriminologie, Kriminalistik und Polizeiwissenschaft weiterentwickeln.