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Mark Andor möchte erforschen, wie prosoziales Verhalten gefördert werden kann und damit einen Beitrag leisten, um gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern. © RUB, Marquard

Wirtschaftswissenschaft Mark Andor erforscht, wie prosoziales Verhalten gefördert werden kann

Der Ökonom bringt seine Expertise an der Ruhr-Universität und beim RWI ein.

Seit Mai 2024 hat Prof. Dr. Mark Andor die Professur für „Behavioral and Environmental Economics“ an der Ruhr-Universität Bochum inne. Seine Berufung erfolgte nach dem sogenannten „Jülicher Modell“ gemeinsam mit dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Am RWI übernimmt er fortan die Ko-Leitung des Kompetenzbereiches „Umwelt und Ressourcen“. Außerdem leitet er weiterhin die Forschungsgruppe „Prosoziales Verhalten“.

Die Erforschung von prosozialem, insbesondere von nachhaltigem Verhalten, steht weit oben auf Andors Agenda. Weitere Forschungsgebiete sind Experimental- und Verhaltensökonomik, Angewandte Ökonometrie, Umwelt-, Ressourcen-, Verkehrs- und Energieökonomik sowie Effizienz- und Produktivitätsanalyse.

Prosoziales Verhalten

Was bedeutet prosoziales Verhalten? Als prosozial kann jedes Verhalten beschrieben werden, das anderen oder der Gesellschaft als Ganzes zugutekommt, oft auf eigene Kosten. Prosoziales Verhalten ist eine grundlegende menschliche Fähigkeit, die eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen spielt. Ob es um die Bewältigung des Klimawandels, die Verringerung der weltweiten Armut oder die Bekämpfung von Pandemien geht, prosoziales Verhalten ist in der Regel ein wichtiger Teil der Lösung.

Über vielem schwebt die Frage: Wie können wir nachhaltiges Verhalten fördern? Mark Andor nennt zum einen klassische ökonomische Instrumente: „Den meisten fällt bestimmt das Thema Geld ein. Man kann Dinge, die nicht nachhaltig sind, verteuern oder andersherum Dinge, die nachhaltig sind, subventionieren. Oder man investiert gezielt zum Beispiel in eine nachhaltige Infrastruktur für ÖPNV und Radverkehr.“

Neben diesen Instrumenten untersucht Mark Andor aber auch „verhaltensökonomische“ Instrumente und Fragestellungen. Die Verhaltensökonomie berücksichtigt dabei auch Erkenntnisse aus anderen Fächern, insbesondere der Psychologie, und geht zum Beispiel nicht davon aus, dass Menschen bei ihren Entscheidungen immer rational handeln. Was passiert, wenn menschliche und wirtschaftliche Aspekte aufeinandertreffen, zum Beispiel unter der Dusche? In einem Feldexperiment teilte ein Forschungsteam um Mark Andor 570 Haushalte zufällig in vier Gruppen ein. Gruppe eins bekam während des Duschens mithilfe eines smarten Duschkopfs ein Echtzeit-Feedback über das verbrauchte Wasser: Konkret wechselte der Duschkopf in Abhängigkeit vom Wasserverbrauch die Farbe von grün über lila und blau bis rot. Gruppe zwei erhielt regelmäßige Berichte über den Wasserverbrauch im Vergleich zu anderen Haushalten. In der dritten Gruppe wurden beide Maßnahmen kombiniert. Gruppe vier erhielt als Kontrollgruppe keine Intervention.

Wenn sie richtig eingesetzt werden, können verhaltensökonomische Interventionen einen positiven Klimaschutzeffekt erzielen und als Bereicherung empfunden werden.


Mark Andor

Das Echtzeit-Feedback reduzierte den durchschnittlichen Wasserverbrauch pro Dusche um etwa 29 Prozent, die Vergleichsberichte um etwa 9 Prozent und die Kombination beider Maßnahmen um 35 Prozent. Befragungen während der Studie zeigten zudem, dass die verhaltensökonomischen Interventionen von den meisten Teilnehmenden als Bereicherung empfunden wurden. Viele wären sogar bereit gewesen, durchschnittlich etwa 10 Euro pro Monat für den fortlaufenden Erhalt der Interventionen zu zahlen. Dabei war die Zahlungsbereitschaft für Echtzeit-Feedback leicht höher als für die Vergleichsberichte.

„Wenn sie richtig eingesetzt werden, können verhaltensökonomische Interventionen also einen positiven Umwelt- und Klimaschutzeffekt erzielen und dabei noch als Bereicherung empfunden werden“, folgert Mark Andor. Mit smarten Messgeräten, so der Ökonom, könne man verschiedene Ressourcen- und Energiespareffekte im eigenen Haushalt erzielen und es damit Verbraucherinnen und Verbrauchern auch einfacher machen, auf Preiserhöhungen durch gezieltes Energiesparen zu reagieren. Je smarter die Geräte seien, desto besser ließen sich Schwachstellen wie extreme Stromfresser ausmachen.

Forschung zum Thema Verkehr

Großen Raum in Andors Forschung nimmt zudem das Thema Verkehr ein. Er beschäftigt sich in Experimenten und Umfragen mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), mit Fahrrädern und mit Autos. Eine Studie, die zeigte, dass die Deutschen im Schnitt die monatlichen Kosten ihrer Autos stark unterschätzen, erschien im renommierten Fachjournal „Nature“, ebenso ein Vorschlag zur Einführung von dynamischen Preistarifen im ÖPNV.

Mark Andor war bereits im Sommersemester 2023 Gastdozent an der Bochumer Fakultät für Wirtschaftswissenschaft und hat Studierende und Forschende kennengelernt. Über den kürzlich ausgelaufenen Sonderforschungsbereich „Statistik nichtlinearer dynamischer Prozesse“ (SFB 823) hatten bereits zuvor Kontakte zu Bochumer Forschenden bestanden.

Kongress

Zurzeit bereitet Mark Andor zusammen mit Kolleginnen und Kollegen den 9. Kongress zu „Experimental Economics for the Environment“ vor. Er findet am 10. und 11. September 2024 in Bochum statt und bringt internationale Fachleute und den wissenschaftlichen Nachwuchs zusammen. Der „Call for Papers“ läuft noch bis zum 31. Mai. Weitere Infos gibt es hier.

Zur Person
  • 2003 bis 2008: VWL-Studium in Münster und Vigo (Spanien).
  • 2012: Promotion an der Universität Münster, Thema der Dissertation: „Public Interventions in the Electricity Sector – Essays on Energy Economics“.
  • 2012 bis 2020: Postdoc am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
  • 2013 bis 2022: Gastdozent an der Universität Duisburg-Essen.
  • 2020 bis 2022: Gastdozent an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
  • 2023: Gastdozent an der Ruhr-Universität Bochum.
  • Seit 2016: Koordinator des RWI Research Network.
  • Seit 2021: Leiter der Forschungsgruppe „Prosoziales Verhalten“ am RWI.
  • Seit Mai 2024: Ko-Leiter des Kompetenzbereiches „Umwelt und Ressourcen“ am RWI.
  • Seit Mai 2024: Professor für „Behavioral and Environmental Economics“ an der Ruhr-Universität Bochum.

Veröffentlicht

Donnerstag
16. Mai 2024
09:50 Uhr

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