Psychische Gesundheit im Studium „Der Druck auf Studierende hat zugenommen“
Akademischer Stress, finanzielle Sorgen und Zukunftsängste sind nur ein Auszug der Probleme, die Studierende belasten. Im Interview gibt das Team der Psychologischen Studienberatung weitere Einblicke und Lösungsansätze.
Welche besonderen Herausforderungen erleben Studierende häufig im Hinblick auf ihre psychische Gesundheit, und wie können sie diesen im Studienalltag begegnen?
Ein wesentlicher Faktor ist der akademische Stress, der sich besonders durch hohen Leistungsdruck bemerkbar macht. Erwartungen von Lehrenden, der Familie und den eigenen Ansprüchen können zu erheblicher Belastung führen. Um diesen Druck zu mindern, ist es wichtig, sich realistische und erreichbare Ziele zu setzen, die Erfolgserlebnisse ermöglichen.
Neben den geplanten Aufgaben ist es wichtig, ganz bewusst Pausen einzuplanen und sich Freizeit nach den eigenen Vorlieben zu gestalten. Auf diese Weise können Erschöpfung und andere stressbedingte Folgen vermieden werden.
Die Ungewissheit darüber, was nach dem Studium kommt, belastet viele Studierende emotional.
Viele Studierende haben zudem mit finanziellen Sorgen zu kämpfen, insbesondere wenn sie auf Nebenjobs angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Das bringt Zeitmangel mit sich, da Studierende oft versuchen müssen, Studium, Nebenjob sowie familiäre und soziale Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren. Dieser Druck kann auch zu Einsamkeit und sozialer Isolation führen, besonders wenn der Kontakt zu anderen Menschen im Rahmen des Studiums begrenzt ist.
Zukunftsängste und berufliche Unsicherheit sind ebenfalls weit verbreitet. Die Ungewissheit darüber, was nach dem Studium kommt, belastet viele Studierende emotional. Diese Lebensphase ist häufig von der Suche nach dem eigenen Weg in der beruflichen und persönlichen Entwicklung geprägt, was mit geringer innerer Orientierung einhergehen kann. Dieser Prozess ist ganz normal in der Entwicklung – dennoch kann es sehr anstrengend sein, mit dieser Unsicherheit umzugehen.
Doch nicht nur die berufliche Unsicherheit belastet einige Studierende. Gesellschaftliche und politische Krisen tragen zusätzlich zu einem Gefühl der Angst und Unsicherheit bei, was den Blick in die Zukunft skeptischer macht. Schließlich erleben viele Studierende Erschöpfung und Überforderung durch die Vielzahl an Anforderungen, die an sie gestellt werden.
Woche der seelischen Gesundheit
Zu welchem Thema oder zu welchen Themen bekommen Sie besonders häufig Anfragen? Hat sich das im Laufe der letzten Jahre verändert?
Viele Anfragen von Studierenden beziehen sich auf Konzentrationsprobleme und die fehlende Struktur im Studienalltag. Viele Studierende kämpfen damit, ihre Aufgaben zu organisieren, insbesondere da die ständige Verfügbarkeit von sozialen Medien und anderen Ablenkungen die Fokussierung erschwert. Auch die Abhängigkeit von digitalen Medien und deren Einfluss auf die Produktivität hat in den letzten Jahren zugenommen.
Zunehmend berichten Studierende von Einsamkeit, die besonders durch digitale Lernformate verstärkt wird. Die Isolation vom Campusleben und der reduzierte soziale Kontakt zu Kommiliton*innen und Freund*innen haben bei vielen das Bedürfnis nach emotionaler und sozialer Unterstützung gesteigert. Besonders internationale Studierende sind hiervon betroffen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Prüfungsangst. Viele Studierende leiden unter extremem Stress vor Prüfungen, was ihre Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt. Sie suchen nach Möglichkeiten, ihre Prüfungsangst zu bewältigen und sich mental besser vorzubereiten.
Zudem sind Prokrastination und Motivationslosigkeit häufige Themen. Studierende haben Schwierigkeiten, Aufgaben rechtzeitig zu beginnen und fühlen sich oft überfordert, was zu dauerhaften Aufschieben führen kann. Dies mündet häufig in Erschöpfung und einem Gefühl der Überforderung, das langfristig die mentale Gesundheit beeinträchtigt.
Diese Themen haben sich in den letzten Jahren verschärft, da der Druck auf Studierende durch akademische, soziale und persönliche Herausforderungen deutlich zugenommen hat.
Welche Tipps haben Sie für Studierende, um ihre mentale Gesundheit langfristig zu stärken, insbesondere während Prüfungsphasen und Stresssituationen?
Was den Lernstress angeht, hilft es manchmal, das eigene Zeitmanagement, die Selbstorganisation und die bisherigen Lernstrategien zu überprüfen und sich dabei gegebenenfalls Unterstützung zu suchen. Es kommt häufig vor, dass Studierende feststellen, dass sie sich bislang noch gar nicht damit beschäftigen mussten, wie sie effektiv lernen können – und keine Sorge, es ist nie zu spät, das zu tun.
Sich zugehörig zu fühlen, Erfahrungen zu teilen und Kontakte zu pflegen, kann ein ganz wichtiger Baustein sein, um gut durchs Studium zu kommen.
Inmitten des ganzen Stresses kurz innezuhalten und immer wieder zu überlegen, was gerade wirklich wichtig ist und sich darauf zu fokussieren, kann eine gute Strategie sein. Gerade in Hochstressphasen während der Prüfungen vergessen wir oft die vermeintlich banalen Dinge wie zwischendurch mal aufzustehen und rauszugehen, sich kurz zu bewegen, tief durchzuatmen, in Ruhe zu essen oder Zeit mit Freunden zu verbringen.
Besonders wenn Prüfungen anstehen, erscheint der Berg an Aufgaben häufig unüberwindbar. Hier ist es wichtig, die Aufgaben in kleine, überschaubare Schritte zu unterteilen – gerne auch mit Unterstützung von anderen. In diesen Zeiten bleibt die Selbstfürsorge oft als erstes auf der Strecke, dabei brauchen Studierende gerade in diesen Phasen besonders viel Kraft und Energie.
Auch wenn es sich manchmal falsch anfühlt, ist es wichtig, immer mal wieder zu überlegen, was heute vielleicht Spaß machen könnte oder was gut tun würde. Gerne auch mit anderen zusammen – sich zugehörig zu fühlen, Erfahrungen zu teilen und Kontakte zu pflegen, kann ein ganz wichtiger Baustein sein, um gut durchs Studium zu kommen.
Es gibt viele gute Tipps und die meisten wirken tatsächlich auch, aber seien wir ehrlich: Es ist oft einfach schwer, sie umzusetzen, vor allem, wenn der Stress den Blick eng macht und permamenter Zeitdruck oder existentielle Ängste bestehen. Wenn gute Tipps nicht mehr reichen, bietet unter anderem die Psychologische Studienberatung Unterstützung an. Wir begleiten Studierende in unseren Gruppenangeboten bei der konkreten Umsetzung dieser Strategien und helfen, Herausforderungen wie Prüfungsangst, Prokrastination oder Motivationslosigkeit gemeinsam anzugehen. Diese Gruppenformate fördern nicht nur den Austausch mit anderen Betroffenen, sondern vermitteln auch praktische Techniken, die den Studienalltag langfristig erleichtern.
Beratungsstellen an der RUB