Auszeichnung Heinz-Maier-Leibnitz-Preis für Marcella Woud
Die Forscherin zeigt, dass Interpretationsprozesse und psychische Gesundheit eng verwoben sind.
Die Art, wie wir eine Situation oder unsere Zukunftsaussichten interpretieren, steht in engem Zusammenhang mit unserer psychischen Gesundheit. Diese Erkenntnis leitet Prof. Dr. Marcella Woud an der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum in ihren Arbeiten: Sie versucht, die Mechanismen von Interpretationsprozessen besser zu verstehen sowie computergestützte Trainings zu entwickeln, die Behandlungsmöglichkeiten für Menschen, die unter psychischen Störungen leiden, verbessern sollen. Für ihre Arbeit wird sie mit dem diesjährigen Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. Der Preis ist mit 200.000 Euro dotiert, die die ausgezeichneten Forschenden bis zu drei Jahre für ihre weitere Forschungsarbeit verwenden können. Verliehen werden die Preise am 16. Oktober 2023 in Berlin.
Verzerrte Interpretationen
Menschen, die ein psychisches Trauma erlitten haben, leiden unter verschiedenen Symptomen, darunter zum Beispiel sogenannte Intrusionen, bei denen sie die traumatischen Erlebnisse immer wieder durchleben, etwa in Form von wiederkehrenden mentalen Bildern. „Manche Betroffene interpretieren diese Symptome als ein Zeichen dafür, dass sie das Trauma niemals überwinden werden“, erklärt Marcella Woud. „Dabei gehören sie zum normalen Verarbeitungsprozess.“ Solche kognitiven Verzerrungen kennzeichnen viele psychische Störungen, so zum Beispiel auch Angststörungen und Depressionen. „Depressive Menschen interpretieren ihre Zukunftsaussichten sehr negativ“, erklärt Marcella Woud. „Das kann zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung beitragen.“
„Mit ihrer Forschung ist Marcella Woud Pionierin und Visionärin zugleich“, unterstreicht Prof. Dr. Jürgen Margraf, Leiter der Arbeitseinheit Klinische Psychologie und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum. „So konnte sie als erste Forscherin zeigen, dass dysfunktionale Interpretationen im Bereich der Panikstörung die Entstehung einer solchen Störung vorhersagen.“
Computertrainings helfen
Diese Erkenntnisse leiteten die Forscherin in der Entwicklung von innovativen Interventionen. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelte sie zum Beispiel computergestützte Programme, die Patientinnen und Patienten dabei helfen, störungsrelevante, mehrdeutige Situationen positiv und funktional zu interpretieren. „Wer weniger ängstlich denkt, fühlt sich auch weniger ängstlich.“ Erste Studien zeigten, dass sich durch ein solches Training Erfolge bei der Behandlung psychischer Störungen erzielen lassen.
Ein zweiter, neuer Arbeitsschwerpunkt von Marcella Woud ist die interdisziplinäre, Mechanismus-orientierte Forschung. So untersucht sie unter anderem die Wirkung verschiedener Wirkstoffe auf kognitiv-emotionale Prozesse sowie ihre psychophysiologischen und neuronalen Korrelate. Darüber hinaus ist es Marcella Woud ein Anliegen, die bisherige Forschung systematisch zu evaluieren. Daraus resultieren verschiedene Überblicksartikel und Meta-Analysen.