Neue Forschungsgruppe Zahl der Opfer rechtsextremer Gewalt ist größer als angenommen
Warum nicht alle Fälle von rechtsextrem oder rassistisch motivierten Straftaten in den Polizeistatistiken als solche aufgeführt werden, wollen Kriminologen herausfinden.
Seit dem Frühjahr 2015 ist in Deutschland eine Zunahme rechtsextrem motivierter Gewalttaten zu beobachten. Dies geht einher mit einem gesellschaftlichen Rechtsruck, der sich auch im Erstarken rechtspopulistischer Parteien und neurechter Gruppen widerspiegelt. Kriminologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) wollen das Thema genauer untersuchen und haben zu diesem Zweck eine Nachwuchsforschergruppe gegründet. Sie trägt den Titel „Rechtsextreme Gewaltdelinquenz und Praxis der Strafverfolgung“ und wird über einen Zeitraum von drei Jahren mit etwa 180.000 Euro von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert.
Drei Doktorarbeiten untersuchen verschiedene Fragestellungen
So ist es möglich, drei Doktorarbeiten zu finanzieren. Sie sollen Antworten auf die Fragen liefern, wie und warum sich der Bereich rechter Gewalt wandelt. Außerdem soll empirisch untersucht werden, wie die Praxis der Strafverfolgungsbehörden bei rechtsextrem motivierten Straftaten aussieht.
Letzteres ist unter anderem deshalb interessant, weil ein Langzeitrechercheprojekt von Tagesspiegel und Zeit Online herausgefunden hat, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten in Deutschland weit mehr als hundert Menschen durch rechtsextrem oder rassistisch motivierte Straftaten ums Leben gekommen sind. In den polizeilichen Statistiken ist jedoch nur ein Teil dieser Fälle als politisch motiviert eingestuft worden.
Auftaktveranstaltung im Blue Square
Zum Start der neuen Forschungsgruppe diskutieren Kriminologen, Politikwissenschaftler und Soziologen am Montag, 11. März 2019, 18 Uhr, im Blue Square (Kortumstraße 90, 44787 Bochum) darüber, wie verzerrt die öffentliche Wahrnehmung über die Zahl von Todesopfern rechter Gewalt ist. Interessierte sind zu dieser öffentlichen und kostenlosen Veranstaltung herzlich eingeladen.
Auf der Veranstaltung werden Forscherinnen und Forscher aus Brandenburg und Berlin über ihre Arbeit in dem Bereich berichten. Darüber hinaus soll ein Blick auf einschlägige Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen geworfen werden.
Auf dem Podium sitzen:
- Dr. Michael Kohlstruck, Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Berlin
- Prof. Dr. Christoph Kopke, Politikwissenschaftler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
- Hendrik Puls, Soziologe und Mitglied der Nachwuchsforschungsgruppe
- Ceren Türkmen, Soziologin an der Universität Gießen.