RUB-Forscherinnen und -Forscher haben neue Einblicke in die Anatomie des Gehirns gewonnen.
© RUB, Marquard

Neuroanatomie Neue Unterregion des Hippocampus identifiziert

Die Erkenntnisse zeigen, wie wichtig die Untersuchung der Genexpression und Proteinverteilung für die anatomische Zuordnung von Hirnregionen ist.

Der Hippocampus ist eine der am meisten untersuchten Regionen des Gehirns, er ist unter anderem für das Kurzzeitgedächtnis und die räumliche Navigation wichtig. In seiner Nachbarschaft befindet sich das Indusium griseum – auf Deutsch: grauer Schleier. Bislang gingen Anatomen davon aus, dass es im Laufe der Entwicklung aus einer bestimmten Unterregion des Hippocampus entsteht, sozusagen ein ausgelagerter Teil davon ist. Anhand der Untersuchung der Proteinexpression zeigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der RUB-Abteilung für Neuroanatomie und molekulare Hirnforschung nun, dass das nicht stimmen kann.

Marie Sanders führte die Arbeiten im Rahmen ihrer Promotion an der Medizinischen Fakultät durch. Sie publizierte die Ergebnisse im Team mit Dr. Elisabeth Petrasch-Parwez, Prof. Dr. Monika von Düring und Prof. Dr. Eckart Förster in der Zeitschrift „Frontiers in Cell and Developmental Biology“. Online erschien die Studie am 12. Januar 2021.

Proteinverteilung verglichen

Die Forscherinnen und Forscher charakterisierten die Proteinverteilung in Nervenzellen des Indusium griseums während der Entwicklung des Mäusegehirns und suchten nach charakteristischen Markerproteinen, die im Gyrus dentatus, einer Unterregion des Hippocampus, vorkommen, zu dem das Indusium griseum laut früherer Hypothesen gehört. Das Ergebnis: Den Nervenzellen des Indusium griseums fehlen wichtige Markerproteine wie der Transkriptionsfaktor Prox1. Ohne Prox1 können sich jedoch die Nervenzellen des Gyrus dentatus erst gar nicht entwickeln. Die Proteinverteilung im Indusium griseum wich generell sehr von der im Gyrus dentatus ab.

Schnitt durch das Gehirn einer Maus: Das Indusium griseum (mit Stern gekennzeichnet) ist rot gefärbt, genauer gesagt das Protein Necab2. In Grün sind die Nervenzellen des Gyrus dentatus zu sehen,  der keine Necab2-Färbung aufweist.
© RUB, Sanders und Förster

Somit kommen die Autoren zum Schluss, dass das Indusium griseum eine gesonderte Unterregion des Hippocampus mit eigener Identität ist. „Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, wie wichtig es ist, Protein- und Genexpressionsanalysen für die Klassifizierung von Nervenzellen heranzuziehen, da der Informationsgehalt über das hinausgeht, was man anhand der reinen Morphologie von Zellen ablesen kann“, sagt Eckart Förster.

Resistent gegen neurodegenerative Krankheiten

Bis jetzt ist wenig über die funktionelle Bedeutung des Indusium griseums bekannt. Nach aktuellen Erkenntnissen sind die Neurone besonders resistent gegen neurodegenerative Erkrankungen. Die Tatsache, dass es sich beim Indusium griseum um eine eigenständige Unterregion der Hippocampusformation handelt, eröffnet neue Forschungsfragen mit Blick auf ihre Funktion und die Bedeutung dieser Region für neurodegenerative Krankheiten.

Originalveröffentlichung

Marie Sanders, Elisabeth Petrasch-Parwez, Hans-Werner Habbes, Monika v. Düring, Eckart Förster: Postnatal developmental expression profile classifies the Indusium Griseum as a distinct subfield of the hippocampal formation, in: Frontiers in Cell and Developmental Biology, 2021, DOI: 10.3389/fcell.2020.615571

Veröffentlicht

Freitag
15. Januar 2021
12:26 Uhr

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