Wissenshäppchen Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit im Weltall aus?
Die Vereinten Nationen haben sich auf 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung verständigt – auf der Erde. Aber die Probleme hören nicht auf der Planetenoberfläche auf.
Mit der Agenda für nachhaltige Entwicklung verfolgt die internationale Staatengemeinschaft die Vision, Menschen in aller Welt bis zum Jahr 2030 ein Leben in Wohlstand und Frieden zu ermöglichen und die Erde vor weiterer Schädigung zu schützen. Doch seit langem wird der Raubbau an der Natur nicht mehr nur auf der Planetenoberfläche betrieben. Weit weg und unsichtbar für die meisten Bürgerinnen und Bürger hinterlässt der Mensch immer größere Spuren im All.
Andererseits: Ganz unsichtbar sind diese Spuren nicht. Im Mai 2021 etwa konnte man in Süddeutschland eine Kette von Lichtern wie an einer Perlenschnur aufgereiht über den Himmel ziehen sehen: Satelliten, die im Rahmen des Starlink-Projekts von Tesla-Gründer Elon Musk in den Orbit geschossen worden waren. Weltweit verfügbares schnelles Internet will das Projekt realisieren und dazu bis zu 50.000 Satelliten in die Umlaufbahn bringen. Schon heute ist Weltraumschrott ein zunehmendes Problem.
Weltraumtourismus und Müllentsorgung im All
Im Juli 2021 wurde zudem eine neue Phase des Tourismus eingeleitet, als sich Amazon-Gründer Jeff Bezos und Richard Branson, ein weiterer Milliardär, jeweils einen Kurztrip ins All gönnten. In Zukunft könnten Weltraumtourismus sowie regelmäßige Transportflüge zum Mond oder auch Mars weitere Spuren im Weltraum hinterlassen – ganz zu schweigen von den Ideen, Rohstoffe von anderen Himmelskörpern abzubauen oder toxische Substanzen, die auf der Erde anfallen, auf dem Mond zu entsorgen.
„Inzwischen wurde der Ruf nach einem 18. Ziel in der UN-Agenda laut, weil die Weltraumumgebung in den globalen Nachhaltigkeitszielen bislang fehlt“, erklärt Prof. Dr. Traugott Jähnichen, Theologe und Wirtschaftsethiker an der RUB. „Bislang waren vor allem einzelne Nationalstaaten im Weltraum aktiv, vor allem zum Zweck des Prestigegewinns oder der Forschung. Zunehmend agieren dort nun privatwirtschaftliche Akteure mit kommerziellen Interessen.“
Ethische und juristische Fragen
Als Beispiel nennt er das staatliche Unternehmen Luxemburg Space Agency, das im Weltraum auf der Suche nach Rohstoffen ist und derzeit versucht, neue Formen von Eigentumsrechten abzusichern, um ökonomisch ertragreich Mineralien von anderen Himmelskörpern zu gewinnen und zu vermarkten. „Das wirft einige ethische und juristische Fragen auf“, sagt Jähnichen. „Wem gehören beispielsweise die Rohstoffe auf dem Mond – all denjenigen, die sie ausbeuten oder der Menschheit insgesamt? Und welche politischen Akteure könnten dafür sorgen, dass das kapitalistische Wirtschaften eine nachhaltige Einbettung erfährt?“
Es gibt noch die Chance, einen Pfad der nachhaltigen Entwicklung bei der Nutzung des Weltraums einzuschlagen.
Traugott Jähnichen
Gegenwärtig gibt es für die privatwirtschaftlichen Akteure in diesem Bereich so gut wie keine gültigen Spielregeln, lediglich technologische Restriktionen. Um neben ökonomischen Interessen auch soziale und ökologische Anliegen in die weitere Entwicklung der Weltraumwirtschaft einzubeziehen, braucht es laut Traugott Jähnichen aber genau solche Spielregeln. „Der wichtigste Akteur, der für eine politisch bewusste Gestaltung der kommerziellen Nutzung des Weltraums infrage kommt, sind die Vereinten Nationen“, meint er. „Sie sollten eine neue Institution – ähnlich zur Welthandelsorganisation – schaffen, um Rahmenbedingungen für ökonomische Aktivitäten im Weltraum zu entwickeln. Die Zeit dafür ist sicher knapp, aber zumindest gibt es noch die Chance, einen Pfad der nachhaltigen Entwicklung bei der Nutzung des Weltraums einzuschlagen.“