Serie Neu ernannt

Sophie Langer hat an der Ruhr-Universität Bochum die Professur für mathematische Statistik inne. 

© RUB, Marquard

Mathematik Sophie Langer erforscht die Funktionsweise von neuronalen Netzen

Zufälle brachten Sophie Langer dazu, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Und der Zufall ist es auch, woran sie heute forscht.

„Zufälle sind eigentlich nicht greifbar. Mit statistischen Methoden kann man sie trotzdem quantifizieren und dadurch anteilig erklären, wie es zu ihnen kommen konnte – das hat mich schon in der Schule fasziniert“, sagt Sophie Langer. Sie ist seit April 2025 Professorin für mathematische Statistik an der Ruhr-Universität Bochum und befasst sich vor allem mit der statistischen Theorie zu neuronalen Netzen, einer der zentralen Methoden zur Entwicklung Künstlicher Intelligenz. Diese Algorithmen sind heute in der Lage, auf Basis riesiger Trainingsdatensätze selbstständig zu lernen. Wie genau dieser Lernprozess abläuft, bleibt jedoch eine Blackbox. Anhand von vereinfachten Modellen arbeitet Sophie Langer daran, Funktionsweisen von neuronalen Netzen mit statistischen Methoden nachvollziehbar und erklärbar zu machen.

Eine Mammutaufgabe

„Das ist eine Mammutaufgabe“, sagt die Mathematikerin. „Die Lücke zwischen Theorie und Praxis ist riesig.“ Überall halte Künstliche Intelligenz Einzug in den Alltag, ohne dass wir verstehen würden, wie sie funktioniere. „Wollen wir beispielsweise in ein autonom fahrendes Auto einsteigen, obwohl wir gar nicht wissen, wie es funktioniert?“, illustriert sie. Langer möchte mit ihrer Forschung dazu beitragen, die Lücke zwischen Theorie und Praxis etwas kleiner zu machen. Sie freut sich darauf, sich in Bochum mit einer großen Gruppe von Forschenden der Mathematik und Informatik austauschen zu können.

Dass die 32-Jährige nun als Professorin tätig ist, war alles andere als geplant. „Ich hatte keine akademische Laufbahn im Sinn“, erzählt Sophie Langer. „Nicht einmal das Mathestudium war wirklich geplant – ich habe mich aufgrund meines Interesses an Mathe in der Schule dafür entschieden“. Schnell merkte sie, dass das Studium ein ziemlicher Kontrast zum Schulunterricht war. In Lerngruppen wurde gemeinsam gegrübelt und auch mal verzweifelt – dabei entstanden enge Freundschaften, die ihr halfen, das Studium erfolgreich zu meistern.

Es fällt extrem auf, wie unglaublich freundlich hier die Menschen sind.

— Sophie Langer

Sophie Langers Studium verlief nicht nur erfolgreich – es überzeugte am Ende so sehr, dass ihr noch vor Abschluss eine Promotionsstelle angeboten wurde. „Warum nicht?“, dachte sie und nahm das Angebot an, auch weil sie zu diesem Zeitpunkt keine klaren Alternativen vor Augen hatte. Was zunächst wie ein pragmatischer Schritt erschien, entwickelte sich rasant: Ihre Promotion schloss sie nach nur zweieinhalb Jahren ab und stand erneut vor der Frage, wie es weitergehen sollte – und erneut öffnete sich die nächste Tür fast von selbst.

Ein Angebot einer Postdoc-Stelle in den Niederlanden nahm ihr die Entscheidung ab. Nur ein Jahr später wurde ihr dort bereits eine Assistenzprofessur übertragen. Dass sie heute in Bochum ist, ist ebenfalls einem glücklichen Zufall zu verdanken. „Ich habe lange überlegt, ob ich mich überhaupt bewerben soll – ich habe mich in den Niederlanden sehr wohlgefühlt“, erzählt sie. Heute ist sie froh über ihre Entscheidung. Schon nach wenigen Tagen fühlte sie sich in ihrer neuen Heimat angekommen: „Es fällt extrem auf, wie unglaublich freundlich hier die Menschen sind“, sagt sie.

Lasst euch nicht einreden, dass ihr Mathe sowieso nicht versteht. Frauen sollten sich zutrauen diesen Weg zu gehen.

— Sophie Langer

Als Frau in der Mathematik gehört Sophie Langer nach wie vor zur Minderheit. „Ich habe zum Glück kaum schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt sie, „aber ich bemerke schon, dass Kommentare von mir manchmal weniger ernst genommen werden als die meiner männlichen Kollegen. In Sachen Gleichberechtigung sind wir leider noch nicht da, wo wir sein sollten“. Gerade deshalb ist es ihr wichtig, ein Vorbild zu sein und ihre Geschichte mit jungen Wissenschaftlerinnen und Studentinnen zu teilen. Ohne falsche Bescheidenheit spricht sie darüber, dass ihre Karriere nicht von langer Hand geplant war. „Ich bin einfach meinen Interessen gefolgt – und habe letztlich den Platz gefunden, an dem ich mich richtig aufgehoben fühle“.

Ihr Appell ist klar: „Lasst euch nicht einreden, dass ihr Mathe sowieso nicht versteht. Frauen sollten sich zutrauen, diesen Weg zu gehen – es gibt keinen Grund sich einschüchtern zu lassen.“

Zur Person
  • 2011 bis 2017: Studium der Mathematik an der Technischen Universität Darmstadt und Lund University (Schweden)
  • 2020: Promotion an der Technischen Universität Darmstadt
  • 2020 bis 2022: Postdoktorandin an der Technischen Universität Darmstadt, University of Twente (Niederlande) sowie Università degli Studi di Genova (Italien)
  • 2022 und 2023: Auslandsaufenthalte am Massachusetts Institute of Technology (USA) und an der University of Tokio (Japan)
  • 2022 bis 2025: zunächst Assistant Professor, dann Associate Professor an der University of Twente (Niederlande)
  • Seit April 2025: Professur für mathematische Statistik an der Ruhr-Universität Bochum

Veröffentlicht

Donnerstag
15. Mai 2025
08:53 Uhr

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