Andre Banning ist Mit-Autor des Buches „Designobjekt Mensch“. Sein Fokus liegt auf der Umwelt, in der der Mensch lebt.
© RUB, Marquard

Geoengineering Massiver Technikeinsatz gegen den Klimawandel

Der Mensch kann die durch Technisierung geschaffenen Probleme vermutlich auch nur noch mit Technik lösen, meint Andre Banning. Ein Kommentar.

In verschiedenen Wissenschaften erfreut sich das Konzept des Anthropozäns aktuell großer Beliebtheit. Es bezeichnet das Zeitintervall, in dem der Mensch seine Umwelt dauerhaft und im globalen Maßstab signifikant und messbar verändert: durch exponentielles Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und intensivierte Landwirtschaft, was Konsequenzen für das System Erde hat. CO2- und Temperaturanstieg, Ozeanversauerung und Artensterben sind Folgen.

Unsere Spezies scheint sich ihrer Bedeutung für ihren Lebensraum durchaus bewusst zu sein.

Durch Anwendung von Technologie formt die Menschheit ihren Lebensraum komplett um, wie es im Rahmen einer rein biologischen Evolution kaum möglich gewesen wäre. Diese Eingriffe betreffen den Planeten inzwischen nachweislich als Ganzes, was in den Geowissenschaften die Forderung laut werden ließ, ein neues Zeitalter auszurufen: das des Menschen.

Unsere Spezies scheint sich ihrer Bedeutung für und ihrer Auswirkungen auf ihren Lebensraum also durchaus bewusst zu sein. Das wurde in der Vergangenheit auch durch regulatorische Bemühungen – zum Beispiel FCKW-Verbot, Formulierung des Zwei-Grad-Klimaziels und deutsche Energiewende – zum Ausdruck gebracht. Spätestens seit den 1970er-Jahren wird allerdings die Besorgnis formuliert, dass derlei Bemühungen zu spät kommen oder nicht drastisch genug erfolgen: Die Menschheit verbraucht ihre limitierten Ressourcen zu schnell und könnte bereits eine Grenze überschritten haben, die die herbeigeführten Veränderungen unumkehrbar macht.

Menschheit steuert auf globale sozioökologische Krise zu

1972 erstellte der Club of Rome verschiedene Szenarien zum Zustand der Welt und der Entwicklung von Lebensstandard, Wohlstand und so weiter, die 2004 überprüft wurden. Viele davon münden schlussendlich in einer globalen sozioökologischen Krise, die sich unter anderem durch sinkende Nahrungsmittel- und Industrieproduktion, Lebenserwartung und letztlich Bevölkerungszahlen auszeichnet.

Es ist eine Diskussion darüber entbrannt, inwieweit wir unsere technologischen Möglichkeiten nutzen sollten, um den Menschen zu optimieren. Angesichts der geschilderten Entwicklungen und Gefahren ist diese sogenannte Transhumanismus-Debatte gut beraten, sich in Zukunft nicht nur der technologischen Veränderung des Menschen selbst zu widmen, sondern auch der Erhaltung seines Lebensraumes.

Ein „Weiter so“ ist keine Handlungsoption.

Welche Handlungsoptionen bleiben uns? Ein „Weiter so“ ist keine. Den entstehenden Schaden durch globalpolitische Entscheidungen einzudämmen ist wichtig und richtig, jedoch möglicherweise unzureichend. Es bleibt, den Lebensraum von Homo sapiens proaktiv anzupassen, durch sogenanntes Geoengineering. Forscher arbeiten zum Beispiel an Techniken, um durch Einbringen von Aerosolen in die Atmosphäre das Rückstrahlvermögen unserer Erde zu erhöhen, das infolge abschmelzender Eis- und Schneeflächen abnimmt. Eine andere Idee ist, eisenarme Ozeane mit diesem Nährstoff zu düngen, um dort das Wachstum von Algen zu fördern, die CO2 binden könnten. Auch der Einsatz modifizierter Mikroorganismen, die gentechnisch für die Aufnahme von CO2 optimiert wurden, wäre denkbar.

Natürlich müssen derartige Ansätze sorgfältig erforscht werden, vor allem um ungewollte Nebenwirkungen zu verstehen und zu vermeiden. Allerdings steckt die Geoengineering-Forschung meist noch in den Kinderschuhen, oft aufgrund ethisch-moralischer Bedenken oder weil schnelle Erfolge ausbleiben. Eine gedankliche und finanzielle Öffnung in globaler Kooperation ist vonnöten, um der Menschheit eine echte Handlungsoption im Anthropozän zu erhalten: Der im Rahmen unserer Technisierung entstandene Schaden ist vermutlich nur noch durch massiven Einsatz von Technologie zu beheben.

Zur Person

Andre Banning studierte Geologie/Paläontologie in Münster und promovierte 2012 an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Seit 2013 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Angewandte Geologie der RUB. Er ist Mitinitiator verschiedener inter- und transdisziplinärer Lehrforschungsprojekte zu Mensch-Umwelt-Interaktion, Nachhaltigkeit und Wissenschaftstheorie.

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Veröffentlicht

Freitag
22. Juni 2018
09:18 Uhr

Von

Andre Banning

Dieser Artikel ist am 5. November 2018 in Rubin 2/2018 erschienen. Die gesamte Ausgabe können Sie hier als PDF kostenlos downloaden. Weitere Rubin-Artikel sind hier zu finden.

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