Birgit Leyendecker bringt ihre Expertise in den Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration ein.
© RUB, Kramer

Corona Welche Hilfen sozial benachteiligte Familien jetzt brauchen

Kein Platz zum konzentrierten Arbeiten, mangelnde Deutschkenntnisse der Eltern und fehlende technische Ausstattung könnten die Ungleichheit bei der Bildung verschärfen.

In ihrer Funktion als Mitglied des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration hat sich die RUB-Professorin Birgit Leyendecker dafür ausgesprochen, Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen während der Coronakrise besondere Hilfsangebote zu bieten.

„Wenn Schulen und Kitas wegen der Coronakrise geschlossen sind, droht besonders diesen Kindern eine Verschlechterung ihrer Bildungschancen“, so Leyendecker, die an der RUB innerhalb der Fakultät für Psychologie die Arbeitsgemeinschaft Familienforschung leitet.

Homeschooling ist für einige Familien schwer umzusetzen

So fehle es den betroffenen Familien oft an einer ausreichenden Anzahl an Computern oder Smartphones, um die derzeit digital angebotenen Lerneinheiten der Bildungseinrichtungen auch nutzen zu können. Zudem lebten Kinder aus sozial schwachen Familien oft in kleinen Wohnungen, die keine Möglichkeit zum ruhigen Arbeiten böten. „Die Schulschließungen verschärfen die ohnehin bestehende Ungleichheit von Bildungschancen, und zwar bei einheimischen wie zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Dagegen gilt es anzugehen“, so Leyendecker

Sprachbarrieren verschärfen die Situation

Jedoch seien Kinder aus Zuwandererfamilien vor zusätzliche Herausforderungen gestellt: „Oft beherrschen die Eltern die deutsche Sprache nicht ausreichend, sie können den Kindern bei den Schulaufgaben dann nicht helfen“, gibt die Forscherin zu bedenken.
„Diese Kinder brauchen jetzt besondere Unterstützung“, so Birgit Leyendecker, „sie erhalten in der Schule nicht nur formale Bildung, sondern auch Struktur und emotionale Unterstützung. Pädagoginnen und Pädagogen müssen gerade in dieser Zeit weiterhin engen Kontakt zu diesen Kindern und ihren Familien halten, damit diese die nächsten Wochen und Monate gut überstehen. Wir dürfen sie nicht alleine lassen.“

Familienforscherin fordert Unterstützungsangebote

Leyendecker fordert zudem möglichst niedrigschwellige digitale Lernangebote, eine ausreichende Anzahl an Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern sowie Nachhilfeangebote für die Zeit nach der Schulschließung, damit betroffene Kinder Versäumtes nachholen können. Lehrkräfte sollten zudem das Potenzial ausgebildeter Elternbegleiter nutzen, die unterschiedliche Herkunftssprachen sprechen, und Migrantenselbstorganisationen einbeziehen, um benachteiligte Familien zu erreichen.

Veröffentlicht

Donnerstag
16. April 2020
09:44 Uhr

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