Interview Das Innere von Plasmen live überwachen
Eine neue Technik macht möglich, was Moritz Oberberg mit dem Blick ins Innere eines Frühstückseis während des Kochens vergleicht.
Dr. Moritz Oberberg bereitet mit seinen zwei Teamkollegen die Gründung des Spin-Offs „House of Plasma“ vor. Das Unternehmen bringt die Multipolresonanzsonde in verschiedenen Designs auf den Markt. Sie erlaubt es, industrielle Plasmen in Echtzeit zu überwachen und so dafür zu sorgen, dass sie zum Beispiel immer gleiche, fehlerfreie Beschichtungen auf Oberflächen aufbringen helfen.
Herr Oberberg, wenn Ihnen vor fünf Jahren jemand gesagt hätte, dass Sie heute ein Unternehmen gründen möchten, was hätten Sie dann gesagt?
Die Idee, mit der Messtechnik ein Spin-Off zu gründen, ist gar nicht so neu. Bei meinem Vorgänger, der allerdings schon 2015 seine Promotion abgeschlossen hat, war das schon einmal ein Thema, aber da war das Ganze noch nicht ausgereift. Ich persönlich konnte mir schon immer gut vorstellen, selbstständig zu arbeiten. Der Zeitpunkt hängt natürlich auch von der Entwicklung ab und von der Resonanz. Aber den Gedanken an eine Selbstständigkeit hatte ich schon länger. Ich komme aus dem Bereich und bringe neben der Ausbildung auch die Kontakte mit.
Noch ist die Firma nicht gegründet. Was füllt zurzeit Ihre Arbeitstage?
Ich bin ja nicht alleine, wir teilen zu dritt alle anstehenden Aufgaben. Zurzeit planen wir Industrietests mit einer Firma für unsere neuesten Entwicklungen – dafür steht eine Auslandsreise an. Da gibt es viele bürokratische Hürden zu nehmen. Messequipment außer Landes zu bringen, ist gar nicht so einfach.
Ansonsten bin ich mit der Weiterentwicklung unserer Produkte und dem Schreiben von Projektanträgen beschäftigt. Wobei ich unterstreichen will, dass die RUB mit dem Worldfactory Startup Center uns extrem gut unterstützt. Da sind enorm gute Leute, die helfen bei allem. Zurzeit geht es zum Beispiel darum, Patente zu übernehmen, die die RUB hält. Es muss für die Firmengründung noch ein Gesellschaftervertrag ausgearbeitet werden, die Finanzierungsplanung läuft, die Investorensuche auch. Bevor wir etwas verkaufen können, müssen wir ja einkaufen können, dafür brauchen wir Kapital, ebenso dann für Marketing, Räumlichkeiten, Ausstattung und so weiter. Im aktuellen Förderprojekt an der Uni laufen weiter Tests im Labor und bei Industriepartnern, coronabedingt unter erschwerten Bedingungen, und die Technik wird laufend weiterentwickelt. Das läuft alles parallel.
Was werden potenzielle Kunden von Ihnen erwarten können?
Zur potenziellen Kundschaft könnte zum Beispiel ein Unternehmen gehören, das Brillengläser beschichtet. Wir würden mit ihm klären, was die Erwartungen sind und ob unsere Technik für die Firma einen Mehrwert bietet. Ist sie einsetzbar? Wenn ja, dann kann unsere Hardware in Verbindung mit der passenden Software Einblicke liefern, die vorher nicht da waren.
Wir vergleichen das immer mit einem Frühstücksei: Das mag ich gern, wenn das Eigelb noch weich ist, das Eiweiß aber hart. Während des Kochens kann ich mich aber nur auf meine Erfahrung verlassen, nicht wirklich messen, was im Ei vorgeht. Höchstens eine periphere Messung der Temperatur an der Schale wäre möglich, aber eben nicht im Ei. Wir liefern nun aber die Daten direkt aus dem Ei.
Auf Wunsch bieten wir begleitend auch mehr an. Wir können die Regelungstechnik entwickeln, die Beschichtungseigenschaften des Brillenglases weiter verbessern, auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte begleiten.
Hebt Sie der Blick ins Ei von anderen Anbietern ab?
Ja. Anbieter für die Überwachung peripherer Größen, die nur indirekte Rückschlüsse auf Vorgänge im Plasma erlauben, oder für zu langsame Messtechnik gibt es einige. Aber wir bieten die Messtechnik für innere Parameter, die eine Live-Überwachung ermöglicht. Die Überwachung der Parameter in Echtzeit ist unser Alleinstellungsmerkmal. Bisher konnte man weniger wichtige Daten schnell messen, die wichtigen aber eben nicht schnell. Das geht jetzt zusammen.
Wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft blicken, was wünschen Sie sich zu sehen?
Die Firma wird gegründet sein, wir werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt haben. In der DACH-Region kennt man „House of Plasma“ als Anbieter für Plasmadiagnostik und überlegt, mit uns zusammenzuarbeiten. USA und Südostasien kommen langsam dazu – da gibt es viele interessante Firmen. Wir wollen der Anbieter schlechthin für Plasmadiagnostik werden.